Klinisch-histopathologischer Atlas

Diagnose:

Erythema chronicum migrans

Kommentar:

Das Biopsie wurde unter der klinischen Verdachtsdiagnose eines Herpes zoster vorgenommen. Verantwortlich für diesen Eindruck war die Einseitigkeit der Hautveränderungen im Bereich der rechten Scapula und das Vorhandensein mehrerer aufgereihter livider Herde (Klinik 2), die allerdings bei näherer Betrachtung nicht im Bereich eines Dermatoms gelegen waren. Histopathologisch fand sich eine perivaskuläre lymphozytäre Dermatitis in der oberen und mittleren Dermis, die mit leichten vakuolären Veränderungen an der Junktion einherging. In erweiterten Gefäßen waren zahlreiche neutrophile Granuloyzten nachweisbar, was als Hinweis auf die Akuität des Geschehens gewertet wurde. Zytopathologische Hinweise auf eine Herpesvirus-Infektion lagen nicht vor. Die Befundkonstellation einer vakuolären Interface-Dermatitis mit Zeichen der Akuität führte zur histopathologischen Verdachtsdiagnose eines fixen Arzneimittelexanthems.

Im weiteren Verlauf veränderten sich die Hautveränderungen dahingehend, dass die Patientin ein solitäres, im Durchmesser etwa 30 cm großes Erythem mit betontem Randsaum entwickelte. In einer Klinik wurden dieses Bild im Zusammenhang mit dem histopathologischen Befund einer perivaskulären lymphozytären Interface-Dermatitis und einem leicht erhöhten ANA-Titer (1:320) als subakut-kutaner Lupus erythematosus gedeutet; eine Quensyl-Therapie wurde empfohlen.

Da Zweifel an dieser Diagnose bestanden, wurde um eine Überprüfung des ursprünglichen histopathologischen Befundes gebeten, wobei diesmal ein klinisches Bild mitgeschickt wurde, das das große randbetonte Erythem im Bereich der rechten Scapula zeigte. Da große fixe Arzneimittelexantheme mit einem ähnlichen Erscheinungsbild beschrieben worden sind, blieb diese Diagnose im Spiel, während der klinische Befund gegen einen Lupus erythematosus sprach. Nach Rücksprache wurden weitere klinische Bilder übermittelt, die die ursprünglichen aufgereihten lividen Herde zeigten, einen Befund, der ein fixes Arzneimittelexanthem ausschloss. Nach klinisch-histopathologischer Korrelation wurde die Diagnose eines Erythema chronicum migrans gestellt. Zwar ist eine Interface-Dermatitis mit vakuolären Veränderungen an der Junktion bei dieser Erkrankung selten, kommt aber vor. Umgekehrt können Arzneimittelexantheme zwar mit einer rein lymphozytären vakuolären Interface-Dermatitis einhergehen, doch das Fehlen eosinophiler und neutrophiler Granulozyten ist dabei ungewöhnlich und sollte zu großer Zurückhaltung bei der Diagnosestellung veranlassen. Die Diagnose eines Erythema chronicum migrans wurde im vorliegenden Fall sowohl serologisch als auch durch den Nachweis von Borrelien-DNA im Gewebe gesichert. Hätten in der Klinik und bei der späteren Reevaluation gleich alle klinischen Bilder vorgelegen, die ja vorhanden waren, hätte die Diagnose beschleunigt werden können.

Literatur:

Sehgal Vn, Jain S. Allopurinol induced transitory giant fixed drug eruption: an atypical expression. J Dermatol 1999; 26: 198-199.

Miraflor AP, Seidel GD, Perry AE et al. The many masks of cutaneous Lyme disease. J Cutan Pathol 2016; 43: 32-40.