Melanom – unzureichende klinische Angaben bei Teilbiopsie
Von der Schulter eines 53jährigen Mannes erhielten wir ein im Durchmesser etwa 4 mm großes Stanzbiopsat unter der klinischen Diagnose „Ausschluss Melanom“. Weitere Angaben fehlten. Damit blieb unklar, wie groß die Läsion war und ob eine vollständige Entfernung angestrebt worden war oder nicht. Histopathologisch fand sich eine junktionale Melanozytenproliferation, die an seitliche Schnittränder grenzte. Einzelmelanozyten dominierten im Vergleich zu Nestern. Die Melanozyten waren ungleichmäßig verteilt und die Nester unscharf begrenzt. Allerdings war die Zelldichte gering, und es fanden sich weder Melanozyten in höheren Epidermislagen noch Kernatypien. Anhand der vorliegenden histopathologischen Veränderungen wurde der Verdacht auf einen junktionalen melanozytären Naevus geäußert, allerdings mit dem Zusatz, dass ein Melanoma in situ nicht sicher auszuschließen sei und die Läsion daher vollständig entfernt werden solle.
Diese Empfehlung wurde befolgt. Drei Wochen später traf das Nachexzidat ein. Dabei wurde deutlich, dass es sich um ein fortgeschrittenes Melanom handelte. Der Tumor bestand aus großflächig konfluierenden Nestern stark atypischer Melanozyten mit pleomorphen Kernen und mehreren Mitosen in der Dermis. Das Stratum papillare war durch den Tumor stark verbreitert, die Epidermis fokal bis auf wenige Zelllagen verschmälert. Die überwiegend epitheloiden Melanozyten waren überwiegend unpigmentiert, was vielleicht der Grund dafür war, dass die ursprüngliche Biopsie nicht aus dem Knoten, sondern aus dem wahrscheinlich etwas stärker pigmentierten Randsaum erfolgt war. Die entscheidenden Stellen waren im ursprünglichen Biopsat ausgespart. Im Nachexzidat fanden sich seitlich der Biopsiestelle Reste des flachen Randbereiches, die fast ausschließlich kleine Melanozytennester an der Junktion zeigten. Wäre diese Stelle biopsiert worden, hätte man wahrscheinlich nicht einmal den Verdacht auf ein Melanom geäußert.
Bei Teilbiopsien melanozytärer Tumoren ist eine sorgfältige Auswahl der Biopsiestelle erforderlich. Idealerweise sollten die am weitesten fortgeschrittene Stelle sowie ein Tumorrand erfasst werden, um eine Beurteilung der Begrenzung der Läsion zu gestatten. Dass dennoch eine Stelle biopsiert wird, an der keine diagnostischen Veränderungen vorliegen, wird sich nicht immer vermeiden lassen. Dagegen sind fehlende oder falsche Angaben auf dem histopathologischen Begleitschein leicht zu vermeiden. Auf dem Begleitschein sollten die Informationen stehen, die dem Histopathologen bei einer Teilbiopsie entgehen, wie vor allem Angaben zur Größe der Läsion. Weitere Informationen (z.B. über Bestandsdauer und Veränderungen der Läsion) oder ein klinisches Bild sollten das Fehlen histopathologischer Diagnosekriterien kompensieren, die bei Teilbiopsaten nicht beurteilbar sind (z.B. Gesamtarchitektur der Läsion). Mangelnde Sorgfalt beim Ausfüllen des Begleitscheins ist gerade bei Teilbiopsien aus Pigmentzelltumoren grob fahrlässig und hätte im vorliegenden Fall fast zu einer schwerwiegenden Fehldiagnose geführt.