Melanozytärer Naevus – zu knapp in toto

Bei der Diagnose melanozytärer Tumore kommt der Architektur der Läsion größere Bedeutung zu als der Zytologie. Obwohl die Zytologie in Einzelfällen entscheidend sein kann, weisen viele Melanome gerade in Frühstadien nur minimale Kernatypien auf, während melanozytäre Naevi mit ausgeprägten Kernatypien einhergehen können. Deshalb sind Kriterien wie der Durchmesser einer Läsion, ihre Begrenzung und Symmetrie sowie die Verteilung der Melanozyten in der Regel wichtiger.

 Diese Kriterien lassen sich in Teilbiopsaten nicht oder nur eingeschränkt beurteilen. Aber auch bei vollständiger Entfernung ist dies nicht möglich, wenn der Abstand zum Schnittrand zu gering ist. Im Unterschied zu epithelialen Tumoren, deren Zellen Desmosomen aufweisen und daher kompakte Zellverbände ausbilden, sind Melanozyten entwicklungsgeschichtlich „Wanderzellen“ und melanozytäre Tumore daher oft unscharf begrenzt. Wenn die Melanozytenproliferation dicht an einen Schnittrand heranreicht, ist nicht einzuschätzen, ob und wie sich der Tumor jenseits des Schnittrandes fortsetzen würde. Daher sollten bei der diagnostischen Exzision eines melanozytären Tumors möglichst ein Seitenabstand von 1 mm eingehalten und bei jeder knappen Exzision die klinische Größe des Tumors angegeben werden.

Kleiner Clark-Naevus, bestehend aus Melanozyten an der dermoepidermalen Junktion und im Stratum papillare. Der Naevus scheint klein zu sein und wurde wahrscheinlich vollständig entfernt.

Da die Melanozytenproliferation unmittelbar an den Schnittrand heranreicht, sind die Größe des Naevus und die Vollständigkeit der Exzision nicht sicher beurteilbar. Damit bleiben immer auch kleine Restzweifel an der Dignität der Läsion, denn es könnte sich auch um die harmlos erscheinende Randzone eines großen Melanoms handeln.